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Sonntag, März 02, 2008
Dieter Bohlen: Falco war mein großes Vorbild
Er war Superstar, er war populär. Falco – Österreichs Welt-Popstar. Mit dem „Kommissar“ erfand er den Euro-Hip-Hop, mit „Amadeus“ preschte er als erster deutschsprachiger Musiker zur Nummer 1 in den US-Charts. Mit 24 Jahren war er mehrfacher Millionär. Doch er verlor sein Geld, seine Freunde, seine Familie. Als er starb, war er ein gebrochener Mann. Vor seinem Tod am 6. Februar 1998 traf Falco in Wien Dieter Bohlen, schüttete dem Pop-Titanen sein Herz aus. In seinem Bestseller „Hinter den Kulissen“ schrieb Bohlen über die Begegnung. BILD druckt Auszüge. Die Bekanntschaft mit Falco hat mich nachhaltig beeinflusst. Er war mein Vorbild, mein Leitstern, mein stiller Wegbegleiter. Und er fiel ins Bodenlose. Er ist der Beweis dafür, wie hoch man fliegen kann. Und wie die Musikbranche Menschen verbrennt, sie auslutscht und wie leere Hüllen wegwirft.
Als ich Falco das letzte Mal traf, war er auf der letzten Stufe seines Wegs zum Niemand. Seit fünf Jahren hatte er eine musikalische Pleite nach der anderen gelandet. Ich drehte gerade für „Blue System“ ein Video in Wien, als er auf einmal vor mir stand und „hallo“ sagte. Ort des Video-Drehs war ein stillgelegtes Industriegelände im Osten der Stadt.
Weil gerade Pause war, setzten wir uns im Team ab und wanderten an den Bahngleisen entlang. Wie ich da so stand mit dem Helden meiner Vergangenheit, war ich erst mal ganz andächtig. Ich wollte Falcos Geheimnis ergründen, ihn durchdringen, begreifen und wieder entdecken, was ich damals so toll an ihm gefunden hatte.
Aber Falco hatte kein Geheimnis mehr.
Er war nur noch am Klagen: ,Alle haben mich abgezockt und benutzt! Von der kompletten Kohle aus ‚Der Kommissar‘‚ ist mir nicht ein müder Schilling geblieben. Auch die Weiber nehmen mich nur aus.‘ Insbesondere mit diesem Thema wurde er gar nicht fertig: „Die Madeln sehen in mir nur den Knecht, der das Geld ranschleppt. Ich bin viel zu gutgläubig. Ich gerate immer an die Falschen.“
Ich merkte sofort: Falco hatte eine unheimliche Sehnsucht nach Normalität, nach menschlicher Nähe. Ihm hing seine Rolle zum Hals raus, er hatte keinen Bock mehr, den großen Zampano zu markieren.
,Du‘, meinte Falco mit leiser Stimme, „ich hab beschlossen, ich kremple mein ganzes Leben um! Ich hab da gerade eine neue Frau kennengelernt. Ich will noch weitere Kinder. Ich will eine riesengroße Familie. Meine Neue und ich ziehen jetzt gerade in eine andere Wohnung. Das hat mich ein paar Millionen gekostet. Das ist mein Neuanfang.’
Und ich dachte spontan: Mensch, Falco! So richtig überzeugt, so richtig begeistert hört sich das alles aber nicht an.
,Ich hab da ein geiles neues Album in der Pipeline‘ , verkündete er auf einmal froh. „Das ist echt mega! Das wird einschlagen wie eine Bombe! Mein Manager ist auch der Meinung: super Teil. Da sind mindestens zwölf Hits drauf. Vor lauter Hits wissen wir gar nicht, was wir als erste Single auskoppeln sollen.“
Hörte sich für mich nach gequirlter Kacke an. Wenn ein Sänger nämlich behauptet: „Ich habe zwölf Single-Hits auf meinem Album!“, dann ist immer was oberfaul. So gut ist niemand, selbst Madonna nicht.
,Hey, sag mal, Dieter‘ sinnierte Falco fleißig weiter, ,du und ich! Wir könnten eigentlich auch mal was zusammen machen. Wie wär’s? Hättest du Lust? ‘
„Tja“, wich ich aus. „Grundsätzlich schon. Aber dazu müsstest du halt mal zu mir nach Hamburg kommen ins Studio. So zum Probieren.“
Falco kam nie zu mir nach Hamburg. Er rief auch nicht an. Es war, als ob es dieses Zwei-Stunden-Gespräch auf den Bahngleisen in Wien niemals gegeben hätte.
Achtzig Prozent der Leute in der Showbranche saufen oder nehmen Drogen. Nicht etwa, weil alles so lustig ist. Es ist diese Angst, dass einem alles wieder genommen wird.
Wie Falco.“
By Dieter Bohlen.(Bild.de.)
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